das blaue heft
Solits:innen des Konzertvereins
sound left behind
Paul Sacher Saal
Text mit musikalischer Begleitung - das ist wohl die beliebteste und grundlegendste Form der musikalischen Kunst seit unvordenklichen Zeiten. Gerade wegen ihrer Einfachheit hat sie im Verlauf der Kulturentwicklung in vielfältigen Formen existiert – und die beiden Werke, die wir Ihnen vorstellen, gehören zweifellos zu den bizarrsten.
PROGRAMM
FREDERIC RZEWSKI (1938-2021):
de Profundis (1992) für sprechenden Pianist
Libretto von Oscar Wilde
EDISON DENISOV (1929-1996)
das Blaue Heft (1984) für Soprano, Sprecher, 2 Klaviere, Geige, Cello
Text von Daniil Charms und Alexander Wwedenski
Unser Konzertprogramm besteht aus zwei Stücken - "de Profundis" von Frederic Rzewski nach den Text von Oscar Wilde und "das Blaue Heft" von Edison Denisov nach den Gedichten von Daniil Charms und Alexander Vvedenski. Auf der einen Seite sind die Stücke sehr unterschiedlich: Rzewskis Werk erfordert lediglich einen Ausführenden - einen sprechenden Pianisten, der alle verfügbaren Mittel einschliesslich Atem, Schreie, Sprache, seinen eigenen Körper und mehr einsetzt, um seinen eigenen Mikrosmos zu erschaffen. Rzewski verwendet Fragmente aus einem Brief von Wilde an seinen Ex-Liebhaber als Libretto. In diesem Brief, der aus dem Reading-Gefängnis stammt, teilte der grosse britische Autor seine Gedanken, Leiden und Erfahrungen während seiner Haft mit, die aufgrund ihrer Beziehung zustande kam. Dieser wichtige und persönliche Kontext verleiht der Musik von Rzewski noch mehr Tiefe und emotionale Kraft.
Andererseits ist Denisovs zehnteiliger Zyklus für eine kleine Besetzung geschrieben - zwei Klaviere, Geige, Cello, Sprecher und Sopran, und zusätzlich verlangt der Komponist einen spezifischen Satz von Schlaginstrumenten, die vom Sprecher und einem der Pianisten gespielt werden müssen. Denissow nutzt die Poesie und Prosa der OBERIU-Bewegung genauso, wie es die Autoren selbst gewollt hätten. Seine scharfsinnigen kreativen Mitteln verwandeln Fragmente von Charms in ein zeitgenössisches Theater, begleitet von präpariertem Klavier und Streichern, während er die psychedelische Lyrik von Vvedenski in expressionistische Motive kleidet, die entfernt an die Traditionen der Zweiten Wiener Schule erinnern.
Diese Herangehensweise ermöglicht es Denisov, die Essenz und den Geist der OBERIU-Bewegung auf einzigartige Weise in seiner Musik einzufangen und gleichzeitig die Werke der Dichter zu würdigen.
In beiden Stücken ist das Ziel jedoch ähnlich: Indem sie die gewohnten Grenzen der Aufführung überschreiten, sprechen die Komponisten mit dem Publikum über äusserst aktuelle Themen in einem Zeitalter der Erschütterungen und ständigen Veränderungen, die ihre Vorgänger und mainstreamorientierte Kollegen oft umgehen - der Konflikt zwischen Gesellschaft und Künstler, die Vergänglichkeit des menschlichen Verstandes, Mängel im sozialen System usw.
Man schreibt Tschaikowski folgendes Zitat zu: "Dort, wo Worte machtlos sind, offenbart sich in aller Macht ihre beredtere Sprache - die Musik." In der Tat gehen Rzewski und Denissow noch weiter: Indem sie bereits tiefgründiges literarisches Material verwenden, ergänzen sie es und reflektieren seine Bedeutung durch die Musik, wodurch die Aussagekraft verstärkt
wird. Ihre Musik wird somit nicht nur zur blossen Illustration des Textes, sondern zu einer Kunstform, die in der Lage ist, den Sinn des literarischen Werkes zu erweitern und zu bereichern. Indem sie ihre musikalischen Kompositionen mit dem literarischen Inhalt verweben, schaffen sie eine symbiotische Verbindung zwischen Wort und Klang. Durch die Musik können sie emotionale Nuancen und Tiefe vermitteln, die allein durch den geschriebenen Text nicht möglich wären.
MITWIRKENDE
DE PROFUNDIS
Mikhail Krasnenker, Klavier
DAS BLAUE HEFT
Alena Verin-Galitskaya, Soprano
Andrejs Krutojs, Sprecher
Daria Bocharova, Klavier I
Alexandr Dudin, Klavier II
Kalina Mincheva, Geige
Ken Kaneda, Cello
TICKETS & VORVERKAUF
CHF 30.- / 15.-
Vorverkauf über www.eventfrog.ch
Abendkasse vor Ort